Warum schaut aus dem Wetterhaus
zu jeder Zeit die Frau heraus?
Auf einem unserer zahlreichen Flohmärkte und Basare hatten wir es erstanden, das Wetterhaus.
Ein Prachtstück oberbayrischer Prägung, - so schätzten wir es jedenfalls ein-, und es war dazu bestimmt, die Eck-Fensternische in unserem alten Bauernhaus zu verzieren. Schön machte es sich an der fast meterdicken Außenmauer unserer Bauernstube, und da wir in selbiger die meiste Zeit verbrachten, verblieb es, vor allem bei den Mahlzeiten, in unserem direkten Sichtbereich.
Den ersten Sommer lang schien sich das innewohnende oberbayrische Ehepaar, (ich vermute, es war ein solches), recht gut zu verstehen. Dies schlossen wir aus der geregelten Arbeitsteilung der beiden: Schien die Sonne, stand die fesche Hausfrau vor der Tür, vielleicht, um nach getaner Arbeit die Sonne zu genießen. Regnete es, erhob sich der Mann zu seiner Wetterschicht, ehrenhaft, eisern, willensstark stand er vor der Tür mit seinen strammen Wadln, Wind und Wetter trotzend.
So hatten wir, und vor allem die Kinder, unsere Freude an diesem Wechselspiel, bis, ja bis...
Es musste etwas geschehen sein in jenem Winter, nach dem nichts mehr wie vorher war. Oder waren vielleicht die Vögel daran schuld?
Gewiss, das Fenster mit dem Wetterhaus war eine Hauptanflugschneise für die hungrigen Vögel, die wir sackweise mit Sonnenblumenkernen versorgten. Gewiss, ein hölzernes Vogelhaus auf der Fensterbank zog in diesen Zeiten immer mehr die Blicke der Kinder auf sich, da es Tag für Tag von den verschiedensten Vogelarten bevölkert war.
Jedenfalls stellten wir eines Tages fest, dass wir den Hausherrn vermissten. Wo war er geblieben? - Nein, fort war er nicht, er verließ einfach nicht mehr das Wetterhaus. Hatten ihn die Vögel verärgert? Eine Meise hatte zwar den überdimensionalen Fliegenpilz vor dem Haus abgepickt, aber war das Grund genug für seinen beleidigten Rückzug?
Die Situation stimmte uns traurig, zumal nun die arme Frau bei Kälte und Sturm dem Wetter trotzen musste. Ihr fescher Rock vergilbte mit der Zeit, und mancher Vogel schielte mitleidig auf das arme Wesen, das da ohne männlichen Schutz seinen Dienst zu erfüllen suchte.
„ Es ist der Mäusedarm“, meinte mein Mann, „der durch Vertrocknen die Mechanik hemmt.“ Also versuchten wir es mit Befeuchten. Ohne Erfolg! „Das Pendel klemmt aufgrund von Verschmutzung“, vermutete ich. Doch auch die gründliche Reinigung bewirkte gleich Null.
Und so hängt das Wetterhaus bis heute noch da. Manchmal erhält die Hausfrau Besuch von einem einsamen Vogel, dem sie ihr Leid klagt. Einmal habe ich sogar gesehen, dass er sie am Kopf leicht anpickte, so dass beinahe das Wunder geschehen wäre: ihr erschöpfter Rückzug ins Haus und die Vertreibung des Verschollenen aus den Armen des Vergessens. Aber nur beinahe!
Das Wetterhaus zu entfernen trauen wir uns alle nicht, denn vielleicht, eines Tages……..
Es soll ja noch Zeichen und Wunder geben.